Laudatio Manfred Obst 2009

L a u d a t i o anlässlich der Verleihung der Johann-Evangelist-Fürst-Medaille an Manfred Obst, Neufahrn am 14. Februar 2009 im Hotel Liebl, Plattling

Der Bezirksverband für Gartenbau und Landespflege Niederbayern verleiht 2009 erstmals die Johann-Evangelist-Fürst-Medaille.

Wir wollen damit das Lebenswerk des großen niederbayerischen Förderers der Gar-tenkultur, der Landesverschönerung und des Obstanbaues ehren und dazu beitra-gen, sein Andenken zu bewahren.
Johann Evangelist Fürst wirkte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zuerst als Autor eines bäuerlichen Aufklärungsromanes, später als Herausgeber der „Bauern-Zeitung“, der „Allgemeinen Deutschen Gartenzeitung“ und des „Obstbaumfreundes“. Schließlich gründete er die „Praktische Gartenbaugesellschaft zu Frauendorf“, wel¬che zahlreiche Mitglieder aus hohen sozialen Schichten und vielen Ländern aufwies. Daneben errichtete Johann Evangelist Fürst in Frauendorf bei Vilshofen eine giganti¬sche Musterökonomie, die zum größten Wirtschaftsfaktor Ostbayerns heranwuchs. Mit etwa 3000 angebotenen Obstsorten, die weltweit Absatz fanden, trug das fürst`sche Unternehmen maßgeblich zur enormen Sortenvielfalt dieser Zeit bei.

Johann Evangelist Fürst ist uns in seinem Lebenswerk ein großes Vorbild! Der Be-zirksverband Niederbayern verleiht deshalb – in Erin¬nerung an seine großartige Leistung – Persönlichkeiten, die in seinem Sinne außergewöhnlich begeis¬ternd, zielstrebig und idealistisch tätig waren, die Johann-Evangelist-Fürst-Medaille.
Gerade bei der Vergabe der ersten Medaille legten wir einen sehr strengen Maßstab bei der Auswahl der zu ehrenden Person an. Deren Leistung musste derart her-ausragend sein, dass von allen Verantwortlichen eine klare Zustimmung zu erwarten war. Als der Arbeitskreis Pomologie den Antrag stellte, den ehemaligen Kreisfachbe¬rater von Landshut und anfänglichen Leiter des Arbeitskreises Pomologie des Bezirksverbandes, Herrn Manfred Obst aus Neufahrn, diese hohe und bislang einmalige Auszeichnung zu verleihen, fand dieser Vorschlag die einhellige Zustimmung aller.
Es freut mich sehr, dass wir mit dir, lieber Manfred Obst, einen hoch verdienten Preisträ¬ger, der gerade in obstbaulicher Hinsicht zahlreiche wertvolle Impulse setzte, finden konnten.
Schon in jungen Jahren hast du dich als Kind von Flüchtlingen in der schwierigen Nachkriegszeit behaupten gelernt und dich nach dem frühen Tod deiner Mutter als Jugendlicher bei Bauern selbst fortbringen müssen. Nach der Ausbildung zum Gärtner hast du erst in Oberbayern und später als Obergärtner im Allgäu gearbeitet. Da du wieder in deiner niederbayerischen Heimat leben wolltest, aber hier in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit keine Anstellung als Gärtner fandst, musstest du fortan als Bauarbeiter den Unterhalt verdienen. Deine eigentliche Berufung, das Gärtnern, gabst du aber nie auf. Be¬reits 1965 wurdest du als damals 31-Jähriger zum 2. Vorsitzenden des OGV Neu¬fahrn gewählt. Drei Jahre später übernahmst du dann den Vorsitz, welchen du dann 18 Jahre lang inne hattest. Schon bald machtest du mit deinen Vorträgen, dem Fachwissen und dem großen Engagement auf dich aufmerksam, so dass du ab 1969 nebenamtlich als Vertreter des erkrankten Kreisfachberaters von Mallersdorf ange¬stellt wurdest. Die schon als sicher geglaubte Nachfolge zerschlug sich mit der Ge¬bietsreform 1972, als der Landkreis Mallersdorf aufgelöst wurde. Allerdings konntest du beim Landkreis Landshut wieder eine nebenamtliche Stelle als Kreisfachberater bekommen. Erst 1977, also mit 42 Jahren, ging dein langgehegter Wunsch, nämlich als hauptamtlicher Kreisfachberater arbeiten zu können, in Erfüllung. Nach 17 Ar¬beitsjahren musstest du als begeisterter und begeisternder Kreisfachberater des Landkreises Landshut 1994 aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhe¬stand gehen. Die arbeitsintensive Geschäftsführung des Kreisverbandes hast du aber noch bis zum Jahr 2000 in vollem Umfang ehrenamtlich von zu Hause aus be¬wältigt.
In den 80er Jahren, einer Zeit, in der noch nicht allzu viele erkannten, dass mit dem Aus¬sterben altbewährter heimischer Obstsorten ein wertvolles Kulturgut vernichtet wird, hattest du bereits wichtige Weichen zum Erhalt dieser gesetzt. Nach und nach er¬warbst du die hohe Kunst der Pomologie, hast zahllose alte Sorten bestimmt und deren Standort erfasst. Aufgrund deiner großen Erfahrung warst du im Kollegenkreis als einer der renommiertesten Sortenkenner geschätzt. Auf deine Initiative hin wurde 1984 der erste Obstlehrgarten Niederbayerns, vermutlich sogar Bayerns, errichtet. Der „Lehr- und Informationsgarten des Kreisverbandes Landshut zur Erhaltung alter, bewährter und bodenständiger Obstsorten“, wie sich der Lehrgarten anfangs nannte, präsentierte sich stets in vorbildlich gepflegten Zustand – und dies nicht nur den tau¬senden Gartlern, die alljährlich zum „Tag der offenen Tür!“ kamen, sondern auch den Fachkreisen aus ganz Bayern und darüber hinaus. Der beeindruckende Obst¬lehrgarten kombiniert mit deiner spürbaren Begeisterung ließen bei vielen Besuchern den Wunsch aufkommen, selbst ähnliches zu errichten. So wurde der Lehrgarten, dessen Motor, Planer und Organisator du warst, die Keimzelle für so manchen andernorts errichteten Obstlehrgarten.
Einen weiteren wertvollen Beitrag zur Förderung der Obstkultur hast du mit der Her-ausgabe von drei Reprints (Nachdrucke) geleistet. Hierbei handelte es sich um eine Zusammen¬stellung sogenannter Jahrgangshefte „Deutschlands Obstsorten“, die vor etwa 100 Jahren veröffentlicht wurden. Die drei Bücher waren für Profis und Laien gleichermaßen eine wertvolle Hilfe, um alte Sorten bekannter zu machen und die Bestimmung zu er¬leichtern, gab es doch zu dieser Zeit – Ende der 80er- Anfang der 90er-Jahre – kaum in Umfang und Tiefe vergleichbare pomologische Literatur.
Daneben sei erwähnt, dass du über viele Jahre hinweg mit großer Leidenschaft all-jährlich eine Jahreschronik der Gartenbauvereine des Kreisverbandes Landshut in gebundener Form mit herausgegeben hast. Darin wurden alle Zeitungsartikel, die über Aktionen der Vereine berichteten zusammengefasst. Auch die Entstehungsge-schichte des Kreisobstlehrgartens hast du detailliert erfasst, in Buchform veröffentlicht und somit der Nachwelt zugänglich gemacht.
Beharrlich hast du dich auch auf Bezirksverbandsebene für die Belange des heimi-schen Obstanbaues eingesetzt, was schließlich 1993 zur Gründung des Arbeitskrei-ses Pomologie auf Bezirksverbandsebene führte. Folgerichtlich wurdest du auch zum Leiter dieses Arbeitskreises ernannt. Damit waren die besten Voraussetzungen dafür ge¬schaffen, um auch niederbayernweit den Erhalt der heimischen Obstkultur voranbrin¬gen zu können. Drei Jahre später, 1996, gelang es dir, im Kreisverband Landshut, den ersten Arbeitskreis Pomologie, auf Kreisebene zu installieren. Diesem Beispiel folgten in den kommenden Jahren zahlreiche niederbayerische Kreisverbände und gründeten ebenfalls Arbeitskreise. Mittlerweile besteht ein beachtliches Netzwerk, welches auf verschiedene Art und Weise zu Förderung und zum Erhalt alter Obstsorten und Streuobstwiesen beiträgt.

Lieber Manfred Obst,
mit diesen Ausschnitten deines Schaffens habe ich einige Meilensteine deines Le-benswerkes aufgezeigt, – wohlwissend, dass es noch viel mehr Erwähnenswertes gäbe. Ich hoffe aber, mit dem bereits aufgezeigten klar herausgestellt zu haben, dass dein berufliches und ehrenamtliches Schaffen von außergewöhnlichem Idealismus getragen ward, du deine Ziele konsequent und leidenschaftlich verfolgt hast, – ganz nach dem Motto: „Die Gesellschaft braucht Menschen, die mehr tun als nur ihre Pflicht“. Dabei ist es stets wichtig, eine Frau zur Seite zu wissen, die dies alles mitträgt. Dieses große Glück war dir beschieden!
Du bist ein Pionier, ein Vordenker und großer Förderer der heimischen Obstkultur. Dein Schaffen galt dem Erhalt und der Renaissance altbewährter heimischer Obstsorten. Um dies zu erreichen hast du große Akzente gesetzt, die ihre Wirkung nicht verfehlten.
In Anerkennung deiner Leistungen überreiche ich dir die erste Johann-Evangelist-Fürst-Medaille des Bezirksverbandes.

Herzlichen Glückwunsch zu dieser hohen und bislang einzigartigen Auszeichnung. Für die kommenden Lebensjahre wünsche ich dir Gesundheit, Erfolg und weitere Schaffenskraft.

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